Ab 1943 wurde in Weilimdorf eine Brandscheinanlage hinter dem Fasanengarten unter der Federführung des Luftwaffenbauamtes aus Stuttgart aufgebaut. Diese Anlage unterlag wie alle diese Anlagen im Reich der strengsten Geheimhaltung. Das Areal war militärisches Sperrgebiet und durfte nur von autorisierten Personen betreten werden. Diese Anlage konnte ihre Wirkung hauptsächlich bei Nacht entfalten, im Gegensatz zur
Scheinanlage in Laufen. Zur militärischen Betreuung wurde eine Einheit aus Böblingen nach Gerlingen beordert. Im späteren Verlauf wurden für diese Aufgabe nur noch ältere Landschützen mit körperlichen Mängeln, für die eine andere Verwendung in der Wehrmacht nicht mehr in Frage kam, eingesetzt. Die Anlage sollte die angreifenden Bomber dazu verleiten, die Bomben an dieser Stelle abzuwerfen und somit nur unbewohntes und unbebautes Gebiet zu treffen. Dazu wurden vier Feuerstellungen errichtet:
Weststellung im Gewann "Aischach" (Gerlinger Markung)
Nordstellung im Gewann "Im Hausen" hinter der damaligen Schweinemästerei
Oststellung nördlich des Fasanengartens (heute neben dem Sportplatz)
Südstellung im Gewann "Gänsewiese" am Waldrand , direkt neben der
Kommandozentrale, die in einem extra für diese Anlage erstelltem Bunker untergebracht war. Auf dem Bunker gab es einen Beobachtungsstand mit Sehschlitzen, damit man das ganze Feld überblicken konnte. In diesem Bunker liefen auch alle Kommunikationsdrähte zusammen. So konnten die einzelnen Stellungen mit entsprechenden Anweisungen versorgt werden. Die Stromversorgung erfolgte vom Bergheimer Hof. Lange Zeit gab es noch einige Isolatoren aus Porzellan, die an den Bäumen in Richtung Bunker zu sehen waren.
Wenn nun ein Masterbomber (Pfadfinder) der alliierten Bomberflotte eine rote Markierung über dem westlichen Stuttgart abwarf, und diese langsam zu Boden schwebte, unterstützt durch sogenannte "Christbäume", (diese hatten die Aufgabe , das Zielgebiet auszuleuchten), wurde auch an der Weststellung der Scheinanlage eine rote Kaskade in den Himmel geschossen.
Die als Scheinsignal-Raketen oder abgekürzt SSR bezeichneten Geschosse, waren etwa zwei Meter lang aus 18 cm starken Hartpappehülsen. Sie wurden über Holzböcke gestartet und erreichten eine Höhe von etwa 2000 Metern, von wo sie langsam niederschwebten. Die Startrampen waren gleichzeitig die Verpackung für die einzelnen Raketen. Die Zündung erfolgte mittels eines kleinen Zündapparates mit dem die Leuchtraketen in den Himmel geschossen wurden. Diese kamen aus ca. 2000 Metern Höhe an einem Fallschirm wieder zum Boden zurück und hatten das gleiche Aussehen, wie das vom Masterbomber abgesetzte Leuchtzeichen. So wurde auch an den anderen Stellungen verfahren. Damit hatte die folgende Bomberflotte zwei Zielgebiete wo sie ihre Bomben abwerfen sollten. Um es noch realistischer zu machen wurden auf Betonpyramiden gewellte Eisenroste in einer Größe von ca. 1 x 2,5 Meter montiert und aneinandergereiht.. Auf dieser Konstruktion wurde mit von der Industrie entwickelten Schnellzündern, aus Rückständen der Kohlehydrierung für die Benzinherstellung verstärkt ab 1943, "Großbrandbriketts" hergestellt, entzündet. Die ließen ein Feuer entstehen ohne große Rauchentwicklung. Die Feuer am Boden sollten vom Flugzeug gut erkennbar sein, ohne dass dieses durch Rauch verdeckt wurden. Dies sollte die brennenden Häuser simulieren, hervorgerufen durch Brandbomben und zu weiteren Abwürfen animieren. Holz war eine Mangelware und Pech und Teer waren wegen der zu starken Rauchentwicklung nicht geeignet. Dazwischen gelegte Feuerwerkskörper täuschten Explosionen vor und trugen zur Vervollkommnung des Zielgebietes bei.
17 Durch solche Täuschungsmanöver gelang es wiederholt angreifende Bomber in die Irre zu führen. Die Bevölkerung von Weilimdorf hatte sich mehrfach gegen die Scheinanlage gewehrt Sie hatten zuletzt im September 1944 dagegen protestiert.
Militärarchiv RL 16-13/157
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Die starken Flakstellungen im Stuttgarter Norden (Kornwestheim, Gerlingen, Stammheim, Weilimdorf, Feuerbach) dürften dem Umstand gedient haben, dass dies eine Haupteinflugschneise in Richtung Stuttgart war. Diese Stellungen gab es bereits vor 1943. 1944 wurden Stellungen aufgelöst und in den Osten verlegt.
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Während der Juli Angriffe 1944 auf Stuttgart, konnte die Anlage am 28./29 Juli eine erhebliche Anzahl der Brand- und Sprengbomben abfangen. Den schlimmsten Angriff den Weilimdorf auf Grund der Scheinanlage über sich ergehen lassen musste, war am 28. Januar 1945. Nach diesem schweren Angriff wurden ca. 300 Spreng- und 20.000 Brandbombeneinschläge im Gelände der Brand/Scheinanlage gezählt. Mangels Wasser, das auf Grund des Frostes sofort gefror, wurden die brennenden Häuser in Weilimdorf mit Schnee gellöscht. . Die Wasserentnahmestellen konnten durch die 20 cm hohe Schneedecke auch kaum gefunden werden. Nach diesem Angriff, mussten sich die Offiziere und Mannschaften der Anlage schwere Beschimpfungen durch die Weilimdorfer Bevölkerung gefallen lassen, wenn sie durch Weilimdorf gingen. Der Erfolg der Scheinanlage 1945 könnte auch darin liegen, dass Teile der Flak verlegt worden waren oder die Flakbesatzungen sehr ausgedünnt und unerfahren waren um eine effektive Verteidigung zu organisieren
19.Dadurch stand den Flugzeugen mehr Zeit zur Verfügung, um die Bomben gezielter abzuladen