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Kultur im Stollen

Konzert in den 60er Jahren


Der Eingang in den "Stollen" zum Musiklokal "Röhre"

Wagenburgtunnel - Nachkriegsnutzung

1946 beschloss der Gemeinderat den Ausbau der Südröhre für den Fahrzeugverkehr. Gründe für diesen frühzeitigen Beschluss dürften auch die Befürchtungen gewesen sein, dass dieser sonst auf Grund des Kontrollratsbeschluss der Alliierten zerstört und verfüllt werden sollte. Bis 1953 kamen die Tunnelarbeiten nur langsam voran. 1954 stellte der Gemeinderat 13 Millionen Mark bereit, um Schwung in das Projekt zu bringen. Planung und Bauleitung lag in den Händen des Tiefbauamtes der Stadt Stuttgart.

Bei seiner Eröffnung am 17. März 1958 war der Wagenburgtunnel der längste Straßentunnel Deutschlands. Mit dem Tunnel sollte auch eine kurze Verbindung für Lkw in Richtung Hafen und Großmarkt geschaffen werden. Der erweiterte Hafen selbst wurde von Bundespräsident Theodor Heuss am 31. März 1958 eingeweiht - 14 Tage nach Eröffnung des Wagenburgtunnels durch das Tiefbauamtes. Da man nach einiger Zeit vom angestrebten Ziel derBodenhebung autogerechten Stadt abkam und den Stuttgarter Osten nicht mit zusätzlichem Verkehrsaufkommen belasten wollte, wurde die Nordröhre nie vollständig fertig gestellt. Ein weiterer Grund für die Aufgabe der Nordröhre ist die problematische geologische Situation, da umfangreiche Anhydrit - Vorkommen, den baulichen Aufwand und damit die zu erwartenden Kosten zu stark steigen lassen würden. Vermesser entdeckten bei Baubeginn Merkwürdiges: Höhenmessungen wiesen unerklärliche Fehler auf. Des Rätsels Lösung: der im Gipskeuper liegenden Stollen hoben sich im Mitteltei an. Von der  Eröffnung bis heute sind es knapp 40 Zentimeter. Die Ursache liegt beim Gips. Wenn dieser feucht wird, vergrößert er sein Volumen um bis zu 70 Prozent. Im Bereich der Hebungen mussten in den 80er - Jahren die Sohlenbereiche wegen starker Verformungen und Rissen erneuert werden. In den 80er Jahren benutzten 37 000 Fahrzeuge täglich den Wagenburgtunnel. Nach einer Sanierung 1999 wurde zwischen Asphaltbelag und Fahrbahnplatte eine bis dahin fehlende Abdichtung eingeklebt. Der Erkundungsstollen der Nordröhre ist mittlerweile zum Fluchtweg ausgebaut worden, und die Abstände der Fluchtwege wurden deutlich verkürzt. Eine beheizbare Löschwasserleitung, Videokameras, Lautsprecher und Brandmeldekabel gehören heute zur Sicherheitsausstattung. Für die Instandsetzung wurden im Zeitraum von 2002 bis 2009 3,7 Millionen Euro ausgegeben, für die Tunnelsicherheit wurden 6,6 Millionen bereitgestellt.

Mitte der 80er Jahre wurde am Westportal der Oströhre die bis heute letzte Umnutzung des Tunnels eingeleitet. In Zusammenarbeit mit lokalen Musikervereinigungen schuf die Stadt Stuttgart mit einer Investitionssumme von  über 680.000 DM ein Musiklokal, das sowohl als Diskothek als auch als Veranstaltungsort für Konzerte unterschiedlicher Musikrichtungen geeignet ist. Rund 250 Besucher fasst das Lokal, das seit 26. September 1985 unter dem Namen „Die Röhre“ eine feste Größe vor allem in der Jugend- und Subkultur ist. Davor wurden diese Räumlichkeiten als Weinkeller, später diente es auch als Probebühne für die Staatstheater. Ballett-Fans sprechen noch heute vom Kunstspektakel, das Ende der Siebziger die Stylistin Randi Bubat mit Tänzern dort veranstaltete. Ein letztes großes Spektakel im Tunnel der Nordröhre war 1988 eine illegale Party der "Stuttgarda Activa".

"Die Röhre" wurde anfangs 2012 geschlossen. Sie musste dem Ausbau für das Stuttgart 21 Projekt weichen.


Das Anhydrit hat Teile des Stollens eingedrückt und Teile des Bodens angehoben. Aus Sicherheitsgründen wurde deshalb dieser Stollenteil 2007 verfüllt.